CHANGE MANAGEMENT
Veränderung ist das Thema der letzten Jahre. Eingepackt in Begriffe wie „Change-Management“, „Business-Transformation“, "Business-Development" oder „Lernende Organisation“ wird der Wandel von Organisationen als höchste Kunst des Managements gesehen.
Es geht ja auch um einiges: Die Chefetage wird ausgewechselt, Abteilungen werden zusammengelegt, Dienstleistungen werden ausgelagert, Zielvorgaben werden erhöht.
Und möglichst alles auf einmal und sofort: Doch dann ist der Misserfolg programmiert
und die Enttäuschung über die ausbleibenden Synergieeffekte wird bitter.
Denn ähnlich einem Boot neigen alle sozialen Systeme dazu, bei abrupten Gewichtsverlagerungen Schlagseite zu bekommen. Darum ist es so wichtig, dass der „Change Manager“ seine Gewichtsver-schiebungen sehr genau abstimmt - auf die Größe und die Bauart des Schiffes, seine technische und personelle Ausstattung - und auf den Seegang.
Changemanagement ist ein Balanceakt zwischen Weiterentwicklung von Bestehendem („Veränderungen erster Ordnung“) und radikalem, strukturellem Wandel („Veränderungen zweiter Ordnung“).
Dazu kommt noch ein häufig unterschätzter Faktor, sehr klar formuliert von Anton Obholzer, Organisationsberater, Psychoanalytiker und Leiter des „Tavistock Centers“ in London: Jede Veränderung löst beim Menschen Angst aus. Und aus dieser Angst entsteht Widerstand. (Siehe „Unbewusstes in Organisationen“, Facultas-Univ.-Verl., 1997)
Wer schon einmal in Veränderungsprozesse involviert war, weiß, wovon hier die Rede ist: Von Widerständen und von Kräften, die die Umsetzung verlangsamen und blockieren.
Menschen, denen es nicht gelingt sich auf Veränderungen einzustellen, reagieren auf für sie alls zu schnell erlebte Veränderungen mit Aggressivität und/oder Angstzuständen.
Es gibt aber auch Menschen, die sich jeglicher Veränderung bewusst entgegen stellen, da sie von vorneherein Angst vor jedweder Veränderung haben.
Und es gibt Menschen, die sich ihre Angst vor Veränderungen nicht eingestehen wollen, sie deshalb "verdrängen" und auf kompensatorische Art ausleben.
Es genügt eben nicht, nur Ziele festzulegen und Konzepte zu erstellen. Alle Interventionen müssen den Reifegrad der Organisation und der Menschen berücksichtigen.
So wie dem vorschnellen Ziehen am Faden eines Wollknäuels unweigerlich die ärgerliche Knotenbildung folgt, so führen zu schnell oder zu langsam angegangene Veränderungen zum Scheitern jedes noch so gut gemeinten Veränderungsprozesses.
Changemanagement im GESUNDHEITSWESEN
Es gibt zurzeit kaum eine Branche, die unter einem größerem Veränderungsdruck steht als das Gesundheitswesen: Öffentliche, private, konfessionelle Spitäler, Kliniken, Ambulatorien, Pflegeeinrichtungen…
Nach wie vor ist der freie Zugang zur Gesundheitsversorgung - unabhängig von Einkommen, sozialer Schicht und Bildung - einer unserer höchsten gesellschaftlichen Werte. Die Forderung nach bestmöglicher medizinischer Versorgung (für alle), bei gleichzeitig geforderter Kostensenkung erscheint vielen als Quadratur des Kreises.
Die Gesundheitsausgaben liegen in Österreich bei rund 10% des BIP und ca. 330.000 Personen – davon 77% Frauen – sind in der Branche tätig.
Die Finanzierungsstrukturen des Gesundheitswesens werden in Frage gestellt und Gesundheit wird mehr und mehr als Kosten-
und Gewinnfaktor – als Wirtschaftszweig – verstanden; im angelsächsischem Raum spricht man schon lange von “Health Industry“. In emotionsgeladenen Diskussionen werden radikale Paradigmenwechsel gefordert oder abgelehnt.
Die kollegialen Führungen, die Ärztinnen, Therapeutinnen, Psychologinnen, das Pflege- und Verwaltungspersonal - alle im Gesundheitswesen Tätigen stehen unter einem enormen Druck.
So kann der Umzug in ein neues Haus, die Neuaufteilung von Stationen oder auch nur die Einführung eines neuen Terminplan-systems zu Verunsicherung, Demotivation und Leistungsabfall führen. Umfassende Information, interdisziplinäre Meetings und klare, nachvollziehbare Entscheidungen sichern die Qualität des Hauses.
Durch die spezifischen Strukturen von Gesundheitsorganisationen („fragmentierte Organisationsstrukturen“) entstehen - neben der psychisch und physisch sehr belastenden täglichen Arbeit - zusätzliche Belastungen, die extrem hohe Fluktuations- und Burn-out-Raten zur Folge haben. So liegt die berufliche Verweildauer im Gesundheitssektor gesamteuropäisch bei nur 6 Jahren.
Reformen, Wandel und große Veränderungen sind im Gesundheitswesen unausweichlich.